Miz'ad haGaavah:
10 Jahre Gay Pride in Tel Aviv
Vergangenen Freitag, den 27. Juni 2003, jährte sich der Tel Aviver
Gay Pride zum zehnten Mal. Was 1993 als schüchternes Stelldichein im
Sheinkin-Garten begann damals war das gesetzliche Verbot von
"männlichem Beischlaf" erst vor fünf Jahren aufgehoben worden -,
findet heute seinen Ausdruck in einer Massenveranstaltung mit
annähernd 100.000 Teilnehmern. Die erste Parade fand 1998 statt und
wurde im Jahr darauf vom damals neu gewählten Bürgermeister, Ron Chulda'i, gefördert.
Bürgermeister Ron Chulda'i |
Traditionsgemäß beginnt der Tel Aviver Gay Pride
am Rabin Platz mit Reden einiger Politiker. Die Parade startet vor
dem Rathaus, verläuft entlang der Ibn Gvirol Straße, einer der
zentralsten Straße von Tel Aviv, die schon Tage zuvor von der
Stadtverwaltung mit Regenbogenfahnen geschmückt wird, und endet in
einer Massenveranstaltung im Yarkon-Park im Norden der Stadt.
In diesem Jahr gaben sich einige Politiker des
linken bis liberalen Spektrums die Klinke in die Hand. Den Anfang
machte die Tel Aviver Stadträtin und erste geoutete Politikerin in
Israel, Michal Eden (links) von der linksliberalen MeReZ Partei. Sie vergaß
nicht zu erwähnen, dass in den bald stattfindenden Regionalwahlen
weitere geoutete Politiker auf den Listen stehen und andere sich
bereits in politischen Positionen befinden, z.B. Sa'ar Netan'el, der
vor kurzem ebenfalls für MeReZ in den Jerusalemer Stadtrat
einzog.
Außerdem machte Eden auf einen Skandal aufmerksam,
der sich vor kurzem mit der Stadtbus-Gesellschaft, "Dan", ereignet
hat. Diese hatte sich geweigert, eine Aufklärungskampagne der
AIDS-Hilfe zu veröffentlichen, nachdem auf dem Plakat ein offen
schwules Model in einer provokativen Pose (Bild rechts) dargestellt
wird, mit der Begründung, diese Kampagne verletze die Gefühle der
Mehrheit der Fahrgäste. Rivka Rosental, Geschäftsführerin der
AIDS-Hilfe, entgegnete daraufhin in einem Brief an "Dan":
"In
Israel leben heute 3660 Menschen mit AIDS und jeden Tag entdeckt ein
weiterer Mensch den Virus in seinem Körper. Diese spezifische
Kampagne ist zwar auf die Zielgruppe der Homosexuellen ausgerichtet,
doch ist sie nur Bestandteil einer allumfassenden Kampagne für Safer
Sex und zur Erhöhung der Wachsamkeit gegenüber der
Immunschwächekrankheit, welche die ganze Bevölkerung, Homo- und
Heterosexuelle, Religiöse und Säkulare, Männer und Frauen ansprechen
soll." Und in einer Pressemitteilung der AIDS-Hilfe erwähnt das
Model, Chai Ben Shoshan, der selbst eineinhalb Jahre in einer
Beziehung mit einem Träger des Virus gelebt hat, er habe deshalb
zugestimmt, an der Kampagne teilzunehmen, "weil das eine Gelegenheit
ist, der Gay-Community folgendes begreiflich zu machen: Wir, die
Schwulen, die wir die Träger des Virus hinter uns versteckt haben,
müssen ihnen helfen, aus ihrem Versteck wieder hervorzukommen. Man
kann mit einem Träger des Virus schlafen, man kann mit ihm eine
Beziehung eingehen wie mit jedem anderen Menschen auch."
Neben Michal Eden sprachen der
Knesset-Abgeordnete, Roman Bronfman (MeReZ) und Generalsekretär der
Labour-Partei, Ofir Pines, sowie Tel Avivs Bürgermeister, Ron
Chulda'i.
Justizminister Josef
"Tomy" Lapid |
MK Roman Bronfman |
Jael Dajan |
Jael Dajan, die sich nach den Parlamentswahlen aus
der Landespolitik verabschiedet hat und nun für MeReZ bei den
Stadtratswahlen kandidiert, wendete sich in einem "Heimspiel" an das
Publikum ihrer Anhänger. Dajan war vor rund zehn Jahren die erste
Politikerin, die sich damals in der Knesset für die Rechte der
Homosexuellen stark machte und viele politische Erfolge in dieser
Hinsicht zu verzeichnen hat. In ihrer Rede erwähnte sie, dass der
Oberste Gerichtshof in Amerika erst letzte Woche die gesetzlichen
Verbote von männlichem Beischlaf in einigen amerikanischen
Bundesstaaten revidiert hat, "ein Fortschritt, den wir bereits vor
mehr als zehn Jahren eingegangen sind."
Letzter Redner war Justizminister und
Vize-Premier, Josef Tomy Lapid (Shinui). Er bezeichnete die Message
"dieses Festes, dass es so lange keine völlige Rechtsgleichheit für
Schwule, Lesben und Transgenders geben wird, so lange es hier keine
gleichberechtigte Gesellschaft gibt. Es herrscht hier kein Kampf um
gleiche Rechte einer einzigen Bevölkerungsgruppe, es herrscht ein
allgemeiner Kampf um eine freie, liberale und fortschrittliche
Gesellschaft." Lapids Rede wurde von Pfiffen und Buhrufen begleitet,
nachdem er sich in früheren Interviews des öfteren homophob geäußert
hatte.
Nach den Reden setzte sich die Parade in Bewegung
und endete gegen 15.00 Uhr in einem riesigen Happening, das sich bis
in die Abendstunden hineinzog. In der Parade präsentierten sich die
unterschiedlichsten lesbischwulen Organisationen in der
Öffentlichkeit, darunter das Schwulenreferat von MeReZ und Shinui,
Black Laundry und World Congress of GLBT Jews. Auf der
Schlussveranstaltung traten diverse israelische Musiker und Künstler
auf.
Liebe ohne Grenzen:
Jerusalems "Gräuel"
Vergangenen
Freitag fand zum zweiten Mal in der Geschichte Jerusalems ein Gay Pride March unter dem Motto "Liebe
ohne Grenzen" statt. Ursprünglich war er für eine Woche zuvor geplant
gewesen...
Diskussion ig /
hagalil.com 29-06-2003 |